Blick ins Archiv: „Unnötige Reden verboten!“ – Aus der Stellenbeschreibung 1914

Das Uhlandbad brachte nicht nur neue Freizeit- und  Hygienemöglichkeiten für die Tübinger mit sich, sondern auch neue Berufe und Tätigkeiten. Was gab es dort alles zu tun? Wie wurde die Arbeit in einer städtischen Badeanstalt vor 100 Jahren organisiert?

Im Mai 1914 stellte die Stadt acht feste Mitarbeiter fürs fast fertige Uhlandbad ein. Der Tübinger Chronik vom 25. Mai war das eine ausführliche Meldung wert: „Bademeister wurde Karl Buchhalter, Maschinenmeister von hier, dessen Frau als Weißzeugverwalterin bestellt wurde, Badewärter Schutzmann Schnaith von hier und ein gewisser Beerschwinger von Esslingen, dessen Frau Masseuse wird, Badefrau Frau Schnitzler und Kassiererin Frl. Rilling von hier.“ Außerdem wurden „verschiedene unständige Waschfrauen“ für die Wäscherei im Untergeschoss benötigt. Die Leitung des Bads sollten sich der Chef des Hochbauamts und der Betriebsleiter der städtischen Werke, Otto Henig, teilen.

Die vom Gemeinderat verabschiedete Stellenbeschreibung legt die Aufgaben genau fest und gibt Einblick in den Arbeitsalltag von einst:

Der Badmeister

Er ist „die Seele des Betriebs, für den er verantwortlich ist“ und zuständig für die „Überwachung der Gebäulichkeiten, der gesamten maschinellen Einrichtungen und Beleuchtungsanlagen, Rohrleitungen“ etc. Dafür muss er vor allem technische Kenntnisse mitbringen und Reparaturen selbst ausführen können. Auch die Verwaltung obliegt ihm, dazu gehören „tägliche Aufschriebe aller in der Badeanstalt sich abspielenden Vorgänge als: Verbrauch von Materialien, Wärme, electr. Energie, Löhne, Besuch, Einnahmen…“. Er hat monatlich ausführlichen Bericht zu erstatten und für größtmögliche Wirtschaftlichkeit der Anlage zu sorgen. Er beaufsichtigt die Angestellten und soll „über eine gewisse Autorität“ verfügen. Die Befähigung zum Schwimmlehrer könne er sich später noch aneignen, heißt es in der Stellenbeschreibung, die auch auf Kundenfreundlichkeit Wert legt: „Der Bademeister hat in engster Führung mit dem Publikum zu stehen & in verständiger Weise auf deren Wünsche & ev. Beschwerden einzugehen.“

Die Weißzeugverwalterin

Wie damals auch in anderen Badeanstalten üblich, legte man in Tübingen Wert darauf, dass die Frauen der Angestellten im Bad mitarbeiten: So soll die Frau des Badmeisters die Wäscherei leiten, die außer der im Bad selbst anfallenden Wäsche auch vom Rathaus, den Schulen und anderen städtischen Einrichtungen beliefert wird. Sie hat außerdem das weibliche Personal und die Reinigung der Wannenbäder zu überwachen und beaufsichtigt das „Frauenbad“. Denn noch badet man im Uhlandbad streng nach Geschlechtern getrennt. Während der Badezeiten für Frauen (übrigens nur etwa die Hälfte der für Männer reservierten Zeit), sind männliche Aufsichtspersonen in der Schwimmhalle nicht gestattet. Auch eine besondere Ermahnung findet sich im Stellenentwurf:

„Die Frau des Badmeisters hat alle Pflichten einer Ordnung & Sauberkeit liebenden Hausfrau zu erfüllen … Dabei hat sie größten Wert auf vollständige Vermeidung aller unnötigen Reden zu legen, ohne aber dabei einen freundlichen & zuvorkommenden Verkehr mit dem Publikum außer Acht zu lassen“

Die Badewärter

Zwei so genannte Badewärter arbeiteten im Uhlandbad. Einer führt die Aufsicht in der Schwimmhalle, erteilt Schwimmunterricht und muss zum Rettungsdienst befähigt sein. Er hat die  Halle und die technischen Anlagen zu reinigen, während des Frauenschwimmens die Wannenbäder. Der zweite, ein ausgebildeter Masseur, betreut und wartet das irisch-römische Bad (Sauna und Dampfbad), massiert die männlichen Besucher und hilft bei Reinigungsarbeiten. Beide haben sich „im Verkehr mit dem Publikum jederzeit eines äußerst höflichen & zuvorkommenden Benehmens zu befleißigen.“

Die Badewärterin

Sie übernimmt während der „für das weibliche Geschlecht bestimmten Badestunden“ Aufsicht und Schwimmunterricht und muss auch in der Lage sein, Rettungsdienst zu leisten. Ansonsten bedient sie die Wannenbäder und hat den ganzen Vorderbau (Wannenbad, Eingangshalle, Dampfbad) zu reinigen.

Der Badediener

Er ist der Assistent des Masseurs, führt Aufsicht in der Schwimmhalle, bedient das Brausebad und das Hundebad im Untergeschoss, überwacht die Heizungsanlage und die Maschinen der Wäscherei.

Die Masseuse

Idealerweise soll es die Frau des Masseurs sein, die das weibliche Publikum im massiert und im irisch-römischen Bad bedient. Sie soll die Badefrau in Schwimmhalle und Wannenbad vertreten und sich an der Reinigung der Wannenbadabteile beteiligen.

Die Waschfrauen

Wie viele Waschfrauen im Wäschereibetrieb im Untergeschoss regelmäßig tätig sind, ist nicht bekannt. Es gibt Räume für Waschkessel, Mangel- und Bügelräume und einen kleinen Lastenaufzug, der die Leintücher, Bademäntel etc. direkt zur Wäscheausgabe in der Eingangshalle befördert. 1915 wird die Wäscherei zur Uniformwäscherei erweitert und ca. 20 Kriegerfrauen finden hier vorübergehend ein Auskommen.

Bei der Beckenreinigung mussten alle ran!

Zwei -bis dreimal in der Woche (!) wurde das Beckenwasser komplett ausgetauscht und das Schwimmbecken gereinigt. An dieser „großen Beckenreinigung“ musste sich das gesamte Personal beteiligen.  Badmeister und Masseur wohnten übrigens gleich vor Ort in den Dienstwohnungen im 2. Stock des Bades. Badmeister Buchhalter konnte sich nicht lang seiner neuen Stellung erfreuen: Eine Woche nach Öffnung des Uhlandbads brach der Erste Weltkrieg aus. Schon Ende August rückte er zum Wehrdienst ein, kurz darauf auch der Badewärter Schnaith.

Quellen:

  • Gemeinderats-Protokoll vom 23. Mai 1914
  • Personal für das Uhlandbad, Entwurf der Stellenbeschreibungen von Otto Henig, 16.5.1914