Folge 28: Blick ins Archiv: "Die verhauene Fresse" – Ärger mit den Korporierten (1927)

Interessant ist, wie sich anhand der gesammelten Beschwerden und Vorfälle im Uhlandbad ein Sittenbild der jeweiligen Zeit ergibt. Während in der Nachkriegszeit ungebührliches Betragen der Besatzungssoldaten oft Anlass zur Klage gab, war es in den 1960er Jahren die Überlastung durch hohe Besucherzahlen aus der stark gewachsenen Stadt. In den Anfängen waren bisweilen mangelnde Umgangsformen ein Problem: So ließ die Disziplin der Waschfrauen der Uniformwäscherei zu wünschen übrig oder der fehlende Respekt vorm Oberregierungsrat im Wannenbad hatte umfangreiche Schriftwechsel zur Folge (siehe Folge 9). Auch rücksichtsloses Verhalten von Studenten regte so manchen „braven Bürger“ auf, hier ein Beispiel aus den 1920er Jahren:

„Künftig aufs Wannenbad zu verweisen“

1927 beschwerte sich ein Badegast über einen Verbindungsstudenten mit offener Mensur-Wunde an Oberlippe und Wange, der offenbar recht großspurig auftrat. So etwas war damals keine Seltenheit. Offenbar gab es beinahe eine handgreifliche Auseinandersetzung, als der Beschwerdeführer dem Studenten nah legte, das Schwimmbecken zu verlassen und das öffentlich Bad nicht weiter zu verunreinigen. Dass der Bademeister sich weigerte einzuschreiten, war Grund für ein Beschwerdeschreiben über die „haarsträubenden“ Zustände:

„An und für sich schon eine Frechheit, bietet der Anblick einer solch verhauenen Fresse wenig Erfreuliches“, ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Risiken: „Leute mit offenen Wunden, Krätze etc. dürfen nicht baden“, wies er auf die Badeordnung hin, auch hier bestünde Infektionsgefahr, die Vorschriften seien zu verschärfen. Der Bademeister musste schriftlich Stellung nehmen. Die Bedenken wurden aber durch das Gutachten des Arztes entkräftet, der herangezogen worden war und bestätigte, dass die Verwundung so schlimm gar nicht war, keine Infektionsgefahr zu fürchten. „Der Laie sehe allerdings dann und wann die Sache etwas anders an. (...) Bemerkt sei noch, das die Badeverwaltung dem Personal schon des Öfteren eingeschärft hat, ja scharf darauf acht zu geben, dass Leute nicht ins Bad zugelassen werden, welche bei den übrigen Badegästen Anstoß erregen könnten. Diese Feststellungen sind aber nicht so einfach, auch gehen die Ansichten hierüber auseinander. In Zweifels- bzw. Anstandsfällen ist aber erneut angeordnet worden, den Betreffenden schließlich auf das Wannenbad zu verweisen.“