Folge 27: Der Vorgänger: Das Ludwigsbad
Das Uhlandbad war nicht das erste Hallenbad in Tübingen – vielmehr gab es einen Vorgänger: Das Ludwigsbad am Neckartor.
Ende des 19. Jahrhunderts setzte in Tübingen mit der Ära des Oberbürgermeisters Hermann Haußer eine rege Bautätigkeit ein, die Tübingen in den nächsten 30 Jahren über 800 neue Gebäude bescheren sollte und die Stadt in die Moderne führte. 1899 bekamen die damals 14.000 Tübinger auch ihr erstes Hallenbad! Der Mühlenbesitzer und Gemeinderat Louis Schnaith richtete es im Eckhaus am Neckartor ein ‒ heute befindet sich an dieser Stelle die Neckarapotheke. In dem stattlichen Gründerzeitbau betrieb Schnaith außerdem ein kleines Elektrizitätswerk, so dass das elegante „Ludwigsbad“ neben elektrischer Beleuchtung und „ebensolchem Läutwerk“ auch Lichtbäder anbieten konnte. Der Namen war zu Ehren Ludwig Uhlands gewählt worden, dessen Wohnhaus ja gleich gegenüber stand. Zum Angebot gehörten Wannenbäder, russisch-römische, Kohlensäure- Fichtennadel und Schwefelbäder, Massage und Kneipp-Kuren und ein kleiner Imbissraum. Der Eintritt kostete für Erwachsene 40 Pfennig, ein Jahresabonnement 20 Mark. Beim Wannenbad gab vier verschiedene „Komfortklassen“, vom „Nobel-Bad“ zu 1 Mark bis zur III. Klasse für 30 Pfennig. Übrigens gab es schon hier – wie später im Uhlandbad – ein Hundebad in Form eines „Reinigungs- und Schwimmbehälters“.
In der ganzseitigen Eröffnungsanzeige, die in der Tübinger Chronik vom 17.11.1899 erschien, versicherte der Besitzer, er habe es sich „zur Aufgabe gestellt, die Benützung der Bäder durch die billigst gestellten Preise einerseits jedermann leicht erreichbar, andererseits durch aufmerksame Bedienung und zahlreiches, tüchtiges Personal so angenehm als irgend möglich zu machen. Ich empfehle das Unternehmen einem geschätzten Wohlwollen und lade zu fleißigem Besuche ergebenst ein.“
„Ein äußerst anmutiger Eindruck“
Die Tübinger Blätter lobten die erste „Tübinger Schwimmhalle“ in den höchsten Tönen: „Alle Freunde eines erfrischenden Bades sind von der prächtigen Gelegenheit zu baden entzückt, vorab die Jugend; nicht minder auch zahlreiche Frauen und Mädchen, die bisher des Schwimmbades in Tübingen überhaupt entbehren mussten und von denen nun manche eifrig nachholt, was sie bisher nicht lernen konnte; das Schwimmen. Die Schwimmhalle macht bei Tag wie nachts bei elektrischer Beleuchtung einen äußerst anmutigen Eindruck.“
Was die Frauen betraf: Vier Stunden jeden Nachmittag war die Schwimmhalle für sie reserviert. In der Tat hatten die Tübingerinnen zuvor in der Öffentlichkeit nicht schwimmen dürfen – nicht in der beliebten „Badschüssel“ am Mühlkanal, erst recht nicht im offenen Fluss. Ihnen standen lediglich die Badehäuschen im Uferbereich des Neckars zur Verfügung, in denen sie sich – übrigens voll bekleidet – etwas erfrischen konnte. Als die Stadt dann ein Badeschiff erwarb und im Neckar eine erste Freibadeanstalt eröffnete, erhielt diese 1908 auch ein Frauenabteil. Bis in die 30er Jahre wurde in Tübingen streng nach Geschlechtern getrennt gebadet.
Von der Schwimmhalle zum Tanzcafé
Das Ludwigsbad wurde gut besucht, musste aber schon nach drei Jahren wieder schließen, da es trotz städtischer Zuschüsse wegen der hohen Betriebskosten unrentabel war. Auch ergaben sich Probleme durch Feuchtigkeit. In seinen Räumen eröffnete das „Café Ludwigsbad“, 1908 dann das erste Tübinger Kino, das „Metropol“, 1928 abgelöst vom vegetarischen Restaurant und Tanzcafé „Pomona“.
Um 1904 hatten von den kleineren süddeutschen Städten Heilbronn, Göppingen, Cannstatt, Ettlingen, Schwäbisch Gmünd, Heidenheim und Esslingen Hallenbäder. Den Tübingern blieben nach dem kurzen Intermezzo des Ludwigsbads wieder nur die Badestuben, wie die Eberhardtei im Erdgeschoss des Hölderlinturms, wo warme Bäder, Sturz- und Brausebäder verabreicht wurden. Der Ruf nach einem „Volksbad“ wurde immer lauter. 1906 begann die Stadt damit, Geld in einem Badfonds anzulegen. Nachdem die fortschrittliche, kostensparende Wärmeversorgung gesichert war, konnte 1912 der Bau des Uhlandbads beschlossen werden.