Geht doch! Führen in Teilzeit

 Davon berichtet Annika Koch, Teamleiterin im Kundenservice.

2012 kam ich als Sachbearbeiterin zum Kundenservice. Ich habe mich zur Energiefachwirtin weiterqualifiziert und 2015 die Teamleitung übernommen. Nach meiner Elternzeit bin ich zunächst als Sachbearbeiterin zurückgekehrt, doch als die Teamleiter-Stelle wieder frei wurde, habe ich keinen Augenblick gezögert und mich beworben. Meine Vorgesetzten haben mich darin unterstützt. Heute arbeite ich 25 Wochenstunden.

Ich hatte einfach Lust, mich weiterzuentwickeln. Tatsächlich war das ein großer Schritt. Mir war nicht klar, was Führung bedeutet, was da menschlich alles mitschwingt. Meine Antennen sind viel feiner geworden – übrigens auch durch meine Familie. Und es funktioniert sehr gut.

Schon früher haben Rouven Hänig und ich eine Doppelspitze gebildet. Das erfordert ein sehr gutes Miteinander und viel Kommunikation. Nicht selten gehen abends noch Nachrichten hin und her. Da jeder seine Schwerpunkte hat, decken wir viele Themen ab.

Vor allem Präsenz. Gerade im Kundenservice ist die Nähe zu den Leuten und zum Geschehen sehr wichtig. Ins Homeoffice weiche ich nur im Notfall aus. Wir sind der Einstieg fürs Haus. Kundenorientierung und Service – das ist es, womit Stadtwerke punkten können. Aktuell ist wahnsinnig viel los: Energiepreisbremse, Deutschlandticket – die Mitarbeitenden werden stark gefordert. In unserem sehr gemischten Team jede und jeden wahr- und mitzunehmen, abzuwägen zwischen Wirtschaftlichkeit und Kundenerwartungen, ist schon anspruchsvoll. Ich habe schnell gelernt, Entscheidungen zu treffen und auch die Entscheidungen anderer zu vertreten

Mit Kleinkind und einer eher unbefriedigenden KitaSituation ist es nicht leicht. Flexible Arbeitszeiten und ein verlässliches Umfeld sind wichtig. Mein Mann beteiligt sich, wo er kann. Glücklicherweise sind die Großeltern in der Nähe. Der Schlüssel liegt in einer guten Planung. Meine Arbeitstage sind durchgetaktet. Für Termine benötige ich einen längeren Vorlauf. Und herrscht Not in der Kita, bin ich weg, aber erreichbar. Mein Vorgesetzter und das Team tragen das mit. Ich glaube, ich bin sehr effizient. Wo ich bin, bin ich voll und ganz. Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit und habe auch vor, meine Arbeitszeit langsam wieder zu steigern.

Ich habe als Mentorin eine Abteilungsleiterin in einer ähnlichen Lebenssituation gewinnen können. Wir treffen uns regelmäßig zum Austausch, der für mich sehr wertvoll ist. Ich gehe reflektierter mit meiner eigenen Rolle um: Was sollte ich ändern? Was brauche ich? Wie positioniere ich mich?

Wir brauchen die Männer! Vorgesetzte, die Frauen unterstützen. Progressive Kollegen und Väter, die sich gleichberechtigt an Kindererziehung und Care-Arbeit beteiligen. Frauen, die sich Führung nicht zutrauen, kann ich sagen: Ihr wachst in die Rolle hinein. Weicher zu sein, ist kein Nachteil. Wer Familie und Beruf unter einen Hut bringt, hat viele Fähigkeiten, die den Joballtag bereichern. Die swt erlebe ich als sehr mitarbeiterfreundlich. Der Wille ist da, gut ausgebildete Frauen zu halten und zu fördern, mit Angeboten, die ihrer Lebensrealität entsprechen. Doch eine Kultur zu verändern, ist schwer – den einen oder anderen Machospruch musste ich schon kontern.