Folge 20: Der Mitarbeiter: Erich Lober erinnert sich an die 1970er Jahre

Interview mit Erich Lober

Erich Lober ist vielen Tübinger Schwimmerinnen und Schwimmern aus dem Freibad bekannt, das er lange Jahre leitete. Zuvor war er auch im Uhlandbad eingesetzt und weiß so manche Anekdote aus den 1970er Jahren zu berichten ...

Herr Lober, seit wann kennen Sie das Uhlandbad?

Schon seit meiner Kindheit! Beruflich dann ab 1971, als ich zu den Stadtwerken kam. Ab 1973 war ich in der Bäder-Abteilung tätig und wurde im Uhlandbad eingesetzt. Das war gerade die Phase der großen Sanierung des Uhlandbads und des Baus des Hallenbads Nord. Auch als ich später Freibadleiter wurde, hab ich im Winter oft im Uhlandbad gearbeitet.

Wie war das Uhlandbad „früher“?

Natürlich erinnere ich mich noch an das hohe Gewölbe. Das sah gut aus – verursachte aber gewaltigen Lärm und hohe Heizkosten. Oft gab es Beschwerden, weil es oben, in den Umkleiden auf der Galerie wahnsinnig warm war, unten beim Schwimmbecken aber nicht. Früher gab es in der Eingangshalle einen Brunnen, in dem echte Goldfische schwammen! Und da waren noch Nebenräume mit Duschen für Schüler und das frz. Militär - die Franzosen hatten noch lang eigene Schwimmzeiten. Der ehemalige Chef des Uhlandbad, Herr Schäfer, war Masseur, ein sehr beliebter sogar. Die Massageabteilung befand sich im früheren Wannenbad 1. Klasse im 1. Stock. Nach seinem Ausscheiden wurde sie aufgegeben und heute ist eine Physiotherapiepraxis in den Räumen. 

Erinnern Sie sich, wie viele unserer Zeitzeugen, auch an Sprünge von der Galerie ins Becken?

Das war natürlich verboten – kam aber immer wieder vor und wir Schwimmmeister mussten arg hinterher sein! Früher hatte es ja noch ein 3-Meter-Brett im Uhlandbad gegeben, das in den 60er Jahren aus Sicherheitsgründen abgebaut werden musste. Wenn wir dann hier die Prüfung zum Fahrtenschwimmer abnahmen, wozu ein so genannter „Mutsprung“ gehörte, durften die Kandidaten sogar ganz offiziell vom Balkon springen!

Als Sie kamen, waren die großen Sanierungen im Gang. Besondere Ereignisse?

Allgemein war man sehr froh über die Modernisierung des Uhlandbads, vor allem über mehr Duschmöglichkeiten, bessere Hygiene und angenehmere Temperaturen im Bad. Früher stand ja die Statue des „athletischen Jünglings“ am Kopfende der Schwimmhalle. Sie verschwand im Lauf der Umbauten. Und dann kam eines Tages der OB Gmelin mit der Tochter - oder einer anderen Verwandten - des Bildhauers Knecht hereinspaziert. Gerade war die Halle frisch geplättelt worden - die Besucher marschierten da einfach durch, zum Ärger der Fliesenleger.  Und die Statue war weg! Auch das Denkmalamt hat sich damals beschwert. Dann tauchte die Figur aber wieder auf – und steht seither vor dem Hallenbad Nord.

Was gehörte zu Ihren Aufgaben?

Ich habe die technischen Anlagen betreut und vor allem Aufsicht in der Schwimmhalle geführt. Oft war das Bad von Vereinen, Schulen, DLRG und anderen Gruppen belegt. Zu den allgemeinen Öffnungszeiten war es meistens wahnsinnig voll! Als das Hallenbad Nord Ende 1974 öffnete, war das eine große Erleichterung! Im Uhlandbad hat man die Badezeiten dann auf 1,5 Stunden verlängert - vorher musste man ja nach einer Stunde fix und fertig umgezogen und draußen sein. Wir hatten die Aufgabe, die Badezeiten immer genau zu kontrollieren – damals gab es noch ein Kassenhäuschen, in dem saß Frau Schuster. Wichtig war das vor allem an den Warmbadetagen. Nach der Sanierung der Technik hatte man einen zweiten Warmbadetag einführen können.

Man musste viel schlichten! Vor allem an den Tagen, an denen es brechend voll war und manche Gäste mehr im Becken gestanden und geschnattert haben, so dass die Schwimmer sich behindert fühlten. In den frühen 70er Jahren gab es oft Diskussionen wegen der Bademützenpflicht. Auch die meisten jungen Männer hatten ja damals lange Haare und so mancher Student viele Argumente parat.

Hatten Sie auch mit Wannenbädern und Duschen zu tun?

Mein Einsatzbereich war hauptsächlich die Schwimmhalle, doch das gehörte auch dazu. Die Badewannen und Duschen befanden sich im Keller, in kleine Kabinen rechts und links neben dem Schwimmbecken. Das funktionierte so: Man kaufte sich sein Kärtle, wurde dann aufgerufen und bekam eine Duschkabine oder Badewanne zugeteilt. Am Samstag war natürlich am meisten los! Man konnte auch Seife kaufen oder Handtücher leihen. Auch beim Baden war die Zeit begrenzt: Wenn Schluss war, ertönte ein Gong.

Hin und wieder ging es hoch her. Ich erinnere mich an einen Vorfall, wo jemand mit einem Spiegel von unten in die benachbarte Duschkabine „spioniert“ hatte. Der Ehemann der dort duschenden Kundin hat das mitgekriegt und wurde so wütend, dass er den Täter fast massakriert hätte. Da musste ich dazwischen gehen ...

An was erinnern Sie sich besonders gern?

An nette Kontakte zu Badegästen und Kollegen. Die familiäre Atmosphäre im Uhlandbad hab ich sehr gemocht! Man wusste immer genau, wer wann kommt. Natürlich hab ich auch viele Schwimmkurse gegeben. An eine Gruppe erinnere ich mich noch sehr gut: Das waren ältere Damen vom Land, die ihre Leben lang in der Landwirtschaft mithelfen mussten und nie Gelegenheit zum Schwimmenlernen gehabt hatten. Nun wollten sie das nachholen. Es hat ein bisschen länger gedauert, war aber sehr lustig. Und alle wurden treue Stammkundinnen! Nach der Schwimmstunde, die meist kurz vor meinem Dienstende lag, haben sie mich regelmäßig ins Café Lieb eingeladen.