Folge 17: "Was für ein Luxus!" – Erna Nußkern denkt gern ans Wannenbad im Uhlandbad
Interview mit Erna Nußkern
Bis in die 70er Jahre spielten die Wannenbäder im Uhlandbad eine wichtige Rolle für die Bewohner der Tübinger Altstadt und wurden rege besucht. Badezimmer in den Wohnungen waren selten. Noch bis 1994 konnte man im Uhlandbad in die Wanne steigen. Erna Nußkern aus Freudenstadt erinnert sich an die Wannenbäder der 50er Jahre:
„100 Jahre Uhlandbad – spontan fällt mir die Wärme und damit ‚Luxus pur‘ in der schweren Nachkriegszeit ein!
Zuerst muss ich die Vorgeschichte erzählen: Ich wurde 1931 in Hinterpommern geboren. 1945 ging meine Familie auf die Flucht. Wir kamen aber nicht weit und mussten auf Befehl der Russen wieder zurück. Nach 1 ½ Jahren unter den Russen wurden wir im Sommer 1946 ausgewiesen, kamen über Stettin-Scheune bis Juli 1949 zunächst nach Bad Segeberg, dann in das Barackenlager in Puan Klent auf Sylt, später nach Hörnum/Sylt in die Luftwaffenkasernen. Von dort wurden wir Baden-Württemberg zugewiesen, dem Kreis Tübingen. Meine Mutter zitierte Uhland - „Droben stehet die Kapelle ...“ – und meinte, sie hätte nie im Leben gedacht, da mal hinzukommen. Nach einiger Zeit in Bad-Niedernau landeten wir schließlich in Ofterdingen. Ich bekam Arbeit in Tübingen. Unser Leben normalisierte sich.
Meine freien Tage begann ich immer mit einem Wannenbad im Uhlandbad. Zuerst hab ich mir dafür eine schöne Glasflasche „4711“ in der Drogerie in der Neckargasse gekauft, die gibt es ja noch heute. Das war mein persönlicher Luxus nach all den entbehrungsreichen Jahren. Ich habe das sehr genossen! Und noch heute berührt mich die Erinnerung daran sehr. Im heutigen Leben ist die tägliche Dusche selbstverständlich – doch alles war auch schon einmal anders.“