Die strengen Schwimmlehrer der 1960er Jahre
Schulklassen gehören bis heute zu den wichtigsten Nutzern des Uhlandbads. Wie unsere Zeitzeugenaktion ergab, erinnert sich so mancher Tübinger nicht ganz so gern an den Schwimmunterricht und die strengen Sportlehrerin früheren Zeiten…
Schwimmunterricht im Uhlandbad
Reinhard Herrgott hat uns diesen Bericht geschickt: „In der Zeit von 1957 bis 1961 war ich Schüler am Uhlandgymnasium. Im Fach „Leibesübungen“ hatten wir von Zeit zu Zeit Schwimmunterricht im Uhlandbad. Für mich als Zehnjähriger war das Bad damals eine kalte und furchteinflößende Halle. Unser damaliger Lehrer, Herr Nassal, versuchte mir dort das Schwimmen beizubringen. Hierzu bediente er sich einer Methode, die offensichtlich der damaligen Auffassung von Sportpädagogik entsprach: Wir Nichtschwimmer mussten uns am Beckenrand aufstellen um den Schwimmern zuzuschauen. Dann, plötzlich und unerwartet, stieß er mich von hinten ins Wasser.
Das Eintauchen habe ich in schrecklicher Erinnerung: Kälte, dröhnende und glucksende Geräusche um mich herum, verschwommene bläuliche Sicht, Chlorgeschmack und keine Luft zum atmen. Nach einer mir endlos lang vorkommenden Zeit tauchte ich prustend und um mich schlagend mit brennenden Augen wieder auf und hatte ordentlich Wasser geschluckt. Herr Nassal hatte es nicht sehr eilig, mir die lange Stange mit Metallring hinzuhalten. Schließlich gelangte ich an den rettenden Beckenrand. Schwimmen habe während dieser Jahre jedenfalls nicht gelernt. Heutzutage genieße ich jedoch in den frühen Morgenstunden das Schwimmen an Warmbadetagen im Uhlandbad.“
Die Angst vorm Wasser und der verlorene Schlüssel
Joachim Maigler, dessen Großvater einst Schwimmmeister im Uhlandbad war, erinnert sich nicht gern an seinen Schwimmunterricht in den 70er Jahren:
„Ich war ein sehr ängstliches Kind und hatte fürchterliche Angst vorm Wasser, vorm Untergehen und Ertrinken. Ich mir daher sehr schwer damit, schwimmen zu lernen. Der Schwimmunterricht war jedes Mal der reinste Horror. Die Lehrer zeigten zwar Verständnis, konnten aber bei den großen Klassen nicht besonders darauf eingehen, obwohl sie sich größte Mühe gaben. Ich habe mich meist an den Beckenrand geklammert und vor Kälte und Angst am ganzen Körper geschlottert. Diese Anspannung machte alles noch schlimmer. Einen Sprung ins Wasser habe ich jedes Mal erfolgreich vermeiden können, indem ich zugab, nicht ausreichend schwimmen zu können – sehr demütigend! Trotzdem bekam ich im Zeugnis schließlich eine 3 – bestimmt aus Mitleid.
Und es kam, wie es kommen musste: Eines Tages verlor ich den Halt am Beckenrand und fiel ins Tiefe. Ich strampelte herum und versuchte verzweifelt, den rettenden Beckenrand zu fassen zu bekommen. Ich habe Unmengen Wasser geschluckt (gefühlt waren es sicher 5 Liter!), aber immerhin schaffte ich es, immer wieder an die Oberfläche zu kommen. Dabei habe ich fast noch einen Mitschüler versenkt … Aber es ging alles glatt. Ich bekam endlich den Beckenrand zu fassen. Meine Schwimmlehrerin sah damals keinen Anlass, mir zu Hilfe zu kommen, was ich ihr sehr verübelte, denn meine Angst zu ertrinken war wirklich immens und vor allem real!
Ich ließ mir immer Tricks einfallen, um Zeit zu schinden und nicht ins Wasser zu müssen, bis die Lehrerin die Beherrschung verlor und mich kräftig anschnauzte. Anders war es mit Schwimmflossen an den Füßen: Damit habe ich mich viel sicherer gefühlt – doch die waren im Schwimmunterricht eigentlich unerwünscht. Trotzdem haben ein paar Freunde und ich mit Flossen und Taucherbrillen unseren eigenen kleinen „Tauchclub“ gegründet - während des Schwimmunterrichts der Realschule. Dem Lehrer war es letztendlich egal, was wir im Wasser trieben. Richtig schwimmen gelernt habe ich erst mit 16 Jahren im Mittelmeer. Und noch heute liebe ich das Schnorcheln im Meer oder Bodensee.
Als Kind habe ich einmal meinen Hausschlüssel im Uhlandbad verloren. Mein Schlüsselmäppchen war derart schmal, dass es in einen Wasserablaufschacht im Boden gefallen ist und nicht mehr herauszuholen war. Mein Vater war – wie sein Vater, der Bademeisters Karl Maigler, sehr streng. Voller Angst klingelte ich an der Haustür und erwartete ein „Donnerwetter“, das auch entsprechend heftig ausfiel. Ich war noch Tage danach richtig bedient. Allerdings hatte ich mich auch nicht getraut, im Uhlandbad um Hilfe zu bitten - die Leute dort hätten mir ja eventuell weitergeholfen.“