Folge 26: Déjà-vu in Bergisch-Gladbach – Brigitte Schweizer entdeckt ein zweites "Uhlandbad"
Interview mit Brigitte Schweizer
Die Hallenschwimmbäder der Kaiserzeit entstanden alle nach dem gleichen Muster. Auch das Uhlandbad folgte dem damals angesagten Plan. So kommt es, dass eine Tübingerin sich auch im fernen Bergisch-Gladbach gleich heimisch fühlt.
Brigitte Schweizer berichtet: „Ab 1972 war ich mit meinen kleinen Kindern sehr oft im Uhlandbad. Die ältere Tochter nahm am Schwimmkurs teil, während die Tragetasche mit dem Baby am Rand des Schwimmbeckens stand. Später haben die Kinder im Schwimmverein in der Schwimmgruppe von Herrn Gildenhardt mitgemacht. Als wir in die Kölner Gegend umzogen, haben wir dort einen Schwimmverein und ein kleines Bad gesucht – so kamen wir nach Bergisch-Gladbach ins Hans Zanders Bad. Da erlebten wir eine Überraschung: Außen sah es zwar anders aus, doch innen war alles exakt so wie in unserem heimischen Uhlandbad! Ich erfuhr dann, dass dieses Schwimmbad ebenfalls 1914 gebaut worden war.“
Der neueste Schrei: Das Volksbad
Seit 1855 in Berlin mit der Eröffnung der ersten deutschen Badanstalt die Mode der Volksbäder aus England herüberschwappte, war auch hierzulande eine echte Badebewegung entstanden. Sport im Allgemeinen und das Schwimmen im Besonderen wurden immer populärer, neue Therapieformen und die Lebensreformbewegung taten ein Übriges. Um die Jahrhundertwende wurden auch im Südwesten eifrig Bäder gebaut, die ebenso dem Schwimmsport wie der Körperpflege und Gesundheit dienten: Heilbronn, Göppingen, Cannstatt, Ettlingen, Schwäbisch Gmünd und Heidenheim bekamen in jener Zeit Volksbäder. 1907 öffnete das Merkel`sche Schwimmbad in Esslingen, eine Fabrikantenstiftung im eleganten Jugendstil. Das von Paul Bonatz beeinflusste Tübinger Uhlandbad fiel 1914 zwar nüchterner aus, besaß aber mit seinem 24 m langen Schwimmbecken das größte weit und breit.
Neptun oder „Nackerte“ krönen das Schwimmbecken
Allen Bauten gemeinsam war die Unterteilung in einen Trakt für Reinigungsbäder und die Schwimmhalle selbst. Diese war immer mit Galerie für die Umkleiden und mit Gewölbe versehen. Auch im Erdgeschoss gab es zu beiden Seiten des Schwimmbeckens mit Vorhängen versehene Umkleiden. Am Kopf schmückte meist eine Brunnenfigur oder Skulptur den Zulauf des frischen oder umgewälzten Wassers – so auch der später ausgemusterte „Nackerte“ im Uhlandbad. Die Sprungbretter ragten von den Ecken her schräg ins Becken hinein und Stangen am Beckenrand sorgten für Halt. Oft gab es – wie auch im Uhlandbad – Buntglasfenster und andere dekorative Elemente wie Zierbrunnen.
Übrigens: Wer einmal schwimmen will wie vor 100 Jahren, sollte ins Merkel`sche Schwimmbad in Esslingen gehen, dass wunderschön restauriert als Wellness-Bad dient. Weiter entfernte Beispiele sind das Jugendstilbad Darmstadt von 1909 und das Elisabeth-Bad in Aachen von 1911, denen man ebenfalls ihr ursprüngliches Aussehen wiedergegeben hat und die dem Uhlandbad sehr ähnlich ist. Statt getrennter Badezeiten für Männlein und Weiblein gab es dort allerdings gleich ein eigenes „Frauenbad“, und wie in Tübingen gehörte seinerzeit ein Hundebad zum Angebot.