MENSCHEN t w s : r e d l i B Stadtwerke-Zentrale in der Nonnengasse in den 1970er-Jahren, im Eckbüro im 2. Stock saß Michaela Otto. Chefsekretärin Fräulein Mannke in den 1970er-Jahren Büroausstattung der Stadtwerke 1984 Zusammen mit Geschäftsführer Ortwin Wiebecke IN DER NONNENGASSE „Mir gefiel es auf Anhieb gut“, sagt Michaela Otto, „wir waren ja mitten in der Stadt und konnten in der Pause auf den Markt oder bummeln gehen.“ Die Büros waren einfach: Schreibtisch, Schreibmaschine, Telefon, sehr viele Aktenschränke. Nirgends Bildschirme, dafür ratter- ten die Schreibmaschinen. „Später bekam ich eine elek- trische Schreibmaschine mit Kugelkopf: Den konnte man austauschen und zu einer anderen Schriftart wechseln“, erinnert sich Michaela Otto. Als Fräulein Mannke in Rente ging, bewarb sie sich als Nachfolgerin – und wurde mit 21 Jahren Chefsekretärin. Da war sie gerade frisch verheiratet. WORK & LIFE & SECHS KINDER Ihren Mann hatte sie beim Technischen Hilfswerk ken- nengelernt. Beide wollten viele Kinder – und so bekamen die Ottos drei Söhne und drei Töchter. „Für mich war klar, dass ich weiter voll arbeiten würde“, sagt Michaela Otto. Nach dem Mutterschutz kehrte sie schnell wieder ins Büro zurück. Ihr Mann übernahm viel Care-Arbeit. Eine unkonventionelle Rollenverteilung für die 1980er. Rücksicht auf junge Mütter wurde im Betrieb damals kaum genommen. Stillzeiten habe sie sich erkämpfen müssen, erzählt Michaela Otto. Jahrelang stand sie um 5 Uhr auf, um für alle das Vesper zu richten, früh im Büro zu sein und am Nachmittag Zeit mit den Kindern zu ver- bringen. Erst wenn die schliefen, kam ihr Teil der Haus- arbeit dran. Ihre Kinder sagen: „Du warst und bist immer für uns da.“ Darauf ist sie stolz. Die Jüngste machte nach dem Abitur selbst ihre Ausbildung bei den Stadtwerken. MARKT UND MEILENSTEINE Seit dem Umzug der swt ins Französische Viertel 1984 ist ihr Platz im sechsten Stock. Geschäftsführer kamen und gingen. Die Branche veränderte sich mit der Öffnung des Strommarktes, neue Sparten entstanden: Parkhäuser, TüBus, Erneuerbare Energien. Die Mitarbeiterzahl wuchs von rund 200 auf aktuell 580. Als die EDV die Büros er- oberte, standen die ersten Computer natürlich in der Chefetage – eine gewaltige Umstellung, so Michaela Otto. Sie hatte auch die Hoheit über das erste Faxgerät im Haus. Es folgten Internet und E-Mails – eine Kommu- nikations-Revolution nach der anderen. Nach langer Zusammenarbeit mit Dr. Friedrich Weng kam 2003 das Geschäftsführer-Trio Ortwin Wiebecke, Dr. Achim Kötzle und Wilfried Kannenberg. „Sehr an- genehme Chefs, alle drei.“ Heute ist Ortwin Wiebecke alleiniger Geschäftsführer – man kennt sich seit über 20 Jahren. UNTERNEHMENSPOLITIK HAUTNAH Da Stadtwerke und TüBus Gesellschaften mit Aufsichts- räten sind, ist Michaela Otto auch für die Gremienar- beit zuständig, von der Sitzungsvorbereitung bis zum Protokoll. „Das mache ich wirklich gern! Man bekommt interessante Diskussionen und Entscheidungsprozesse mit, erlebt die Oberbürgermeister als Vorsitzende.“ Die Protokolle stellt sie im Homeoffice fertig – das wäre früher undenkbar gewesen. „Es ist eine komplett andere Welt als vor 50 Jahren“, sagt sie. „Früher waren die Chefs stärker auf uns angewiesen. Heute sind sie viel selbstständiger durch die moderne Technik.“ Doch An- rufe durchstellen, den Kalender im Blick haben, Termine vorbereiten – das ist immer noch Kern des Jobs. Nicht nur im sechsten Stock wird Michaela Otto mit ihrer ruhigen Art geschätzt. Und so sah sie nie einen Grund, das Unternehmen zu wechseln. „Klar, war nicht immer alles rosig, aber ich hatte durchweg tolle Chefs, bekam Rückhalt, positives Feedback und konnte selbstständig arbeiten. Ich gehe jeden Morgen gerne zur Arbeit“, sagt Michaela Otto. Bis Ende des Jahres noch. Und dann? Wird sie Zeit mit ihrem Mann verbringen, die Kinder und Enkelinnen öfter sehen, im Garten herumwerkeln, schwimmen gehen – doch: „Der Abschied wird mir schwerfallen.“ W e i t e r e A n e kd o t e n a u s 5 0 J a h r e n g i b t e s i n d e r a u s f ü h r l i c h e r e n Ve r s i o n i m B l o g ! b l o g . s w t u e . d e 1515